Blind Pools vor dem Aus
August 2019
Ministerien stellen neue Regeln für Vermögensanlagen auf
Finanz- und Justizministerium legen nach. Nach einem Eckpunktepapier zur Zukunft der freien Vermittler (siehe vorigen Blog-Beitrag) haben die beiden Ministerien nun ein Maßnahmenpaket geschnürt, um den Schutz der Anleger gegenüber den Anbietern zu stärken. Es trifft vor allem Finanzprodukte nach dem Vermögensanlagengesetz. Insgesamt geht es um diese neun Punkte:
1. Abschaffung unvollständiger Verkaufsprospekte.
2. Verbot von Blindpool-Konstruktionen bei Vermögensanlagen.
3. Beschränkung des Vertriebs von Vermögensanlagen auf beaufsichtigte Vermittler.
4. Bessere Prüfungsmöglichkeit der Rechnungslegung von Vermögensanlagen-emittenten.
5. Verpflichtende Mittelverwendungskontrolle durch unabhängigen Dritten im Fall von Direktinvestments.
6. Konsequente Nutzung der Produktinterventionsbefugnis bei Vermögensanlagen.
7. Abschaffung der bloßen Registrierungsmöglichkeit bei geschlossenen Publikumsfonds.
8. Übertragung der Aufsicht über freie Finanzanlagenvermittler auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).
9. Verstärkte BaFin-Aktivitäten zur Verbraucherbildung im Bereich Vermögensanlagen.
„Mangels feststehender Anlageobjekte ist damit die Bewertung der Vermögensanlage für die Anleger erschwert. Anleger erhalten kein detailliertes Bild des Geschäftsmodells und können folglich schlechter abschätzen, mit welcher Wahrscheinlichkeit die versprochene Rendite erzielt werden kann. Es fehlt in einem solchen Stadium auch am Abschluss wesentlicher (Vor-)Verträge etwa über die Anschaffung oder Herstellung der Anlageobjekte, so dass die Anleger wichtige Geschäftspartner des Emittenten nicht kennen und diese folglich auch nicht beurteilen können“, heißt es in dem Papier.
AIF sind nur am Rande betroffen
Quasi die Definition eines Blind Pools. Sie sollen „künftig Privatanlegern nicht mehr öffentlich angeboten werden dürfen“. Geschlossenen AIF ist das Blind Pool-Konzept dagegen weiterhin erlaubt. Die Verwalter geschlossener Fonds fallen „unter die umfassende Aufsicht der BaFin; zudem unterliegen geschlossene Publikumsfonds, die in Deutschland aufgelegt werden, auch einer Produktaufsicht durch die BaFin.“
Komplett ungeschoren kommen jedoch auch die AIF nicht davon. So sollen sie künftig nur noch von einer zugelassenen Kapitalverwaltungsgesellschaft aufgelegt werden dürfen und nicht mehr von einer KVG, die auf Grund ihrer geringen Größe bei der BaFin lediglich registriert ist. In der Praxis spielen solche Kapitalverwaltungsgesellschaften sowieso keine Rolle, da es keinen Publikums-AIF am Markt gibt, der nicht von einer regulären KVG aufgelegt wurde.
Ähnlich theoretisch erscheint nach Ansicht von Fachjuristen Maßnahme drei: Verbot des Eigenvertriebs. Den Vertrieb typischer Vermögensanlage-Modelle in Konkurrenz zu den AIF übernehmen hauptsächlich freie Vermittler oder unabhängige Pool-Plattformen. Und selbst bei den Crowd-Modellen, bei denen die Anleger in der Regel ihre Entscheidung selbst treffen und Anteile digital zeichnen, sind regulierte Vertriebs-Gesellschaften im Spiel.
Reaktion auf Pleite des Containerverkäufers P&R
Emittenten von Direktinvestments müssen künftig einen „unabhängigen Dritten“ mit der Mittelverwendungskontrolle und der regelmäßigen Überprüfung des Bestands beauftragen. Hier spiegelt sich der Skandal des Container-Verkäufers P&R wider. Investoren bezahlten für hunderttausende Stahlboxen, die es überhaupt nicht gibt. So etwas soll künftig nicht mehr möglich sein, zumal die Maßnahmen außerdem vorsehen, bei einem Verdacht auf Unregelmäßigkeiten Sonderprüfungen einleiten zu können.
Manchen Marktbeobachtern gehen die Vorschriften nicht weit genug. Sie fürchten zum Beispiel, dass Blind Pools über zwischengeschaltete Gesellschaften weiterhin möglich sind. Andere Maßnahmen dürften in der Praxis kaum Auswirkungen haben oder sind bereits durch andere Regularien abgesegnet. Unvollständige Prospekte? Sind mir nicht bekannt. Produktinterventionsbefugnis? Ist jetzt schon möglich, findet aber kaum statt. Rechnungslegung? Wird kaum kontrolliert. Verbraucherbildung? Ich bin gespannt, wie das bei den teils extrem komplizierten Produkten gelingen soll.
Die Vertreter der Finanzdienstleister bleiben gelassen – zumal die neuen Regeln zur Vermögensanlage gerade einmal 5.975 registrierte 34f-Vermittler betreffen.

Herzlich, Ihr
Markus Gotzi