April 2018

Büros und Logistikimmobilien profitieren vom technologischen Wandel
Verschläft die Immobilienwirtschaft die digitale Zukunft? Eine Umfrage des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA) und der Unternehmensberatung Ernst & Young mit mehr als 300 Befragten aus der deutschen Immobilienbranche kommt zu dem Ergebnis, dass zwar 90 Prozent der Unternehmen die Digitalisierung als relevantes Handlungsfeld erkennen, doch mangelt es den meisten an einer durchdachten Strategie, an qualifiziertem Personal und verlässlichen Daten. Allerdings präsentiert sich die Immobilienwirtschaft sehr uneinheitlich. Wo es auf der einen Seite Gewinner gibt, drohen andere, auf die Verliererstraße zu geraten. Das sollten auch Anleger von Immobilienbeteiligungen beachten.
Co-Working-Modelle verändern die Büroarbeit
So wird die Digitalisierung die Büromärkte in absehbarer Zeit weitgehend verändern. Innovative Co-Working-Modelle zum Beispiel für Existenzgründer stellen Eigentümer vor neue Herausforderungen. Die Nutzer der neuesten Generation erwarten eine flexible Flächennutzung, kurze Mietverträge und möblierte Arbeitsplätze. Freiberufler, Start-ups und kreative Köpfe verschiedener Branchen teilen sich ein Großraumbüro und profitieren davon, die Infrastruktur mit Küche, Toiletten, Drucker, Telefonen, Beamern und Konferenzräumen nur zeitlich begrenzt zu nutzen, was natürlich Kosten spart. Das hat nicht mehr viel zu tun mit der – vermeintlichen – zehnjährigen Planungssicherheit einer vermieteten Single-Tenant-Immobilie.
Ein anderer Aspekt der digitalen Vernetzung ist der Trend zum Home Office. Versicherer und vergleichbare Unternehmen ermuntern ihre Mitarbeiter zunehmend, mit dem Laptop vom heimischen Schreibtisch aus zu arbeiten. Fraglich ist jedoch, wie sich das Experiment dauerhaft rechnet. Denn die tägliche Kommunikation mit den Arbeitskollegen, der Flurfunk, bleibt dabei auf der Strecke – und damit auch die nachhaltige Identifikation mit dem Unternehmen. Das sind soziale Faktoren, die sich monetär nicht ohne weiteres messen lassen, aber deutliche Auswirkungen haben auf das Wohlbefinden der Arbeitnehmer und damit auf ihre Leistung.
Amazon verändert Einkaufsverhalten massiv
Offensichtlich sind die positiven Auswirkungen der Digitalisierung auf die Logistik-Branche. Amazon hat unser Einkaufsverhalten massiv verändert. Paketboten von DHL, Hermes und Co. klingeln an fast jeder Tür. Im vergangenen Jahr wurden 6,5 Millionen Quadratmeter Lagerhallen und Distributionszentren in Deutschland vermietet oder für Eigennutzer neu erstellt. Dieser Wert liegt zwar knapp unter dem des Vorjahres mit 6,7 Millionen Quadratmetern, aber mehr als 15 Prozent über dem jüngsten Fünfjahresmittel. Der Trend bleibt von Investoren nicht unbemerkt. Sie legten im vergangenen Jahr 9,2 Milliarden Euro in deutsche Logistikimmobilien an und damit fast doppelt so viel wie im Jahr zuvor. Mit diesem Ergebnis liegen sie im Gesamtmarkt hinter Büros und dem Einzelhandel auf Platz drei.
Die Käufer akzeptierten dabei Nettoanfangsrenditen, bei denen sie früher kein Bürogebäude angefasst hätten. Die teuersten Städte, gemessen an den Spitzenrenditen für Top-Logistikobjekte, sind München mit 4,7 Prozent und Hamburg mit 4,9 Prozent. Frankfurt und Berlin folgen mit 5,0 Prozent. Bei Minizinsen auf den Kapitalmärkten erscheinen offenbar auch Lagerhallen zum 20-fachen der Jahresmiete attraktiv.
Lagerhallen müssen für Anschlussmieter interessant sein
Bei solchen Renditen muss sich das Investment dauerhaft lohnen. Steht die Immobilie nach Ablauf eines üblichen, zehnjährigen Mietvertrages leer, weil sie die Anforderungen an moderne, zeitgemäße Logistikobjekte- oder Standorte nicht mehr erfüllt, wird die Investition zu einem Minusgeschäft. Das ist ein gewaltiger Unterschied zu den Zeiten, als sich Lagerhallen bei einer Rendite von zehn Prozent über die Dauer des Mietvertrages zumindest amortisierten.
Heutzutage müssen Käufer daher mehr denn je darauf achten, dass die Immobilien für Anschlussmieter interessant sind. Das gelingt an zentralen Standorten natürlich besser als auf dem platten Land. Denn in einem sind sich die Logistik-Dienstleister sicher: Sie befinden sich erst am Anfang der digitalen Evolution.
