Februar 2018

Branche legt MiFID II unterschiedlich aus
Gut einen Monat ist die Finanz-Richtlinie MiFID II der Europäischen Union hierzulande in Kraft und beeinflusst das Geschäft der Anbieter und Vertriebe von AIF. Allerdings gehen die Betroffenen nicht einheitlich mit den neuen Regeln um.
MiFID – das steht für „Markets in Financial Instruments Directive“. Die aktuelle Version ist eine Weiterentwicklung der bereits im Jahr 2004 durch die EU beschlossenen Vorschrift mit dem Ziel, die europäischen Finanzmärkte zu harmonisieren. Ursprünglich ging es darum, Wertpapiere transparent, effizient und kostengünstig zu handeln.
Umsetzung betrifft zunächst nur Banken und Finanzdienstleistungsinstitute
Wie so oft, blieben die Konsequenzen einer EU-Richtlinie nicht auf die ursprünglichen Assets beschränkt. So auch bei MiFID II. Die Vorschrift betrifft letztlich auch die Konzeption und den Vertrieb von geschlossenen Sachwerteprodukten. Zwar erfolgte die Umsetzung der EU-Regularien in Deutschland zum 3. Januar 2018 zunächst nur im Wertpapierhandelsgesetz und gilt somit für Banken und Finanzdienstleistungsinstitute. Doch müssen auch freie Finanzvermittler nach Paragraph 34f einige Vorgaben in absehbarer Zeit zwingend beachten. Denn die entsprechende Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) dürfte maßgebliche Passagen daraus übernehmen: Zum Beispiel die über Informationen zur Anlageberatung, zur Offenlegung von einmaligen und laufenden Provisionen, weiteren Kosten und Interessenkonflikten.
Wobei MiFID II Provisionen eigentlich sogar verbietet. Nach Ansicht von Wirtschaftsberatern genügt jedoch ein kleiner Kniff, um sie weiterhin zu rechtfertigen: Sobald der Vermittler eine erhöhte Beratungsqualität nachweisen kann, darf er sie seinem Kunden weiterhin in Rechnung stellen. Dazu genügt es beispielsweise, einen AIF aus mehreren Möglichkeiten einer Datenbank auszuwählen.
Banker müssen telefonische Beratungsgespräche aufzeichnen
MiFID II überwacht zudem die Beratung der Banker. Sie müssen die persönlichen Gespräche und Telefonate mit ihren Kunden aufzeichnen und mindestens fünf Jahre lang speichern. Damit schützen sie sich zwar selbst für den Fall, dass ein unzufriedener Anleger den Vermittler später wegen Falschberatung verklagen will. Allerdings klagen bereits wenige Wochen nach der Einführung der MiFID-Richtlinie kleinere Banken darüber, dass die Telefon-Protokolle mit einem unerwartet hohen technischen Aufwand verbunden sind.
MiFID II betrifft jedoch nicht nur den Vertrieb. So sind zum Beispiel die Anbieter von Immobilienfonds für private Kapitalanleger verpflichtet, ihre Kosten und Gebühren aus einem Immobiliengeschäft erheblich detaillierter offenzulegen als bislang. Die Vorschrift wird jedoch von der Branche ziemlich individuell ausgelegt. Außerdem verpflichten die neuen Regeln die Unternehmen, bereits bei der Konzeption ihrer Produkte den geeigneten Zielmarkt zu definieren. Wer nicht rechtzeitig den potenziellen Kundenkreis eingrenzt, muss mit einem Vertriebs-Stopp rechnen.
Freie Hand beim Chancen-Risiko-Raster
Im Zuge dieser Zielmarktbestimmung ordnen die Anbieter ihr Angebot in eine Chancen-Risiko-Matrix ein. Vertriebe und Anleger sollen so auf einen Blick erkennen, wie groß das mit der Zeichnung des Fonds verbundene Wagnis ist. Dabei ist jedoch noch nicht geklärt, welches Risiko-Raster die Anbieter dabei zu Grunde legen müssen. Die meisten orientieren sich an einer fünfstufigen Kategorisierung, die der Sachwerteverband BSI seinerzeit erarbeitet hat, und sortieren ihre Angebote darin hauptsächlich in der spekulativen Risikoklasse vier ein. Verbindliche Regeln dazu gibt es nicht, was dazu führt, dass sich manche Anbieter für die Klasse drei und damit für ein vermeintlich niedrigeres Risiko entscheiden. Gänzlich ausgereift ist der Risiko-Warnhinweis also noch nicht. Das dürfte sich erst dann ändern, sobald ein konkretes Risiko-Raster zwingend vorgegeben ist.
Vieles deutet darauf hin, dass die ebenfalls von der EU initiierte PRIIPs-Verordnung (Packaged Retail and Insurance-based Investment Products) das Rennen macht. Sie umfasst insgesamt sieben Risiko-Klassen, wobei die Sachwertebeteiligungen hier typischerweise in die Kategorie sechs eingeordnet werden sollten. Alles andere dürfte den Anlegern keine sinnvolle Orientierung liefern – und letztlich doch wieder zu Haftungsproblemen führen.
